Wohnen: Die Immobilienpreise fallen in Rekordgeschwindigkeit

Bereits im vierten Quartal 2022 hatte die Behörde spürbare Preisrückgänge nach Jahren des Immobilienbooms festgestellt. Eigentlich ein Grund zur Freude für Käufer. Doch viele Menschen können sich den Kauf eigener vier Wände nicht mehr leisten, weil die Kredite durch den starken Anstieg der Bauzinsen deutlich teurer geworden sind. Hinzu kommt eine anhaltend hohe Inflation, die die Kaufkraft der Menschen verringert. Das Neugeschäft der Banken mit Wohnimmobilienkrediten an Privatpersonen liegt seit Monaten am Boden, im April ist es nach Angaben der Bundesbank erneut um rund die Hälfte eingebrochen.

Gleichzeitig bleibt die Nachfrage nach Wohnraum nicht zuletzt aufgrund der hohen Zuwanderung hoch, während der Neubau aufgrund höherer Zinsen und teurer Baumaterialien ins Stocken gerät. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) hat eingeräumt, dass die Ampelkoalition das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr verfehlen wird. Der Hauptverband der deutschen Bauwirtschaft geht davon aus, dass in diesem Jahr maximal 250.000 Wohnungen fertiggestellt werden, nach 295.300 Einheiten im vergangenen Jahr. Der Druck auf die Mieten dürfte daher weiterhin hoch bleiben.

Die Bauwirtschaft, eine der tragenden Säulen der deutschen Wirtschaft, spürt die Auswirkungen der Zurückhaltung deutlich. Der Auftragseinbruch setzte sich im April fort. Laut Statistischem Bundesamt verzeichneten die Bauhauptgewerbe preisbereinigt (real) weniger Aufträge – sowohl im Vergleich zum März 2023 (minus 1,3 Prozent) als auch im Vergleich zum April des Vorjahres (minus 10,3 Prozent).

Es ist der stärkste Preisverfall seit 23 Jahren: Immobilienkäufer könnten sich tatsächlich freuen. Wären da nicht die gestiegenen Zinsen für Baukredite und die hohe Inflation.

Nach Angaben des Ifo-Instituts droht die Wohnungskrise in Deutschland sich zu verschärfen. Die Münchner Wirtschaftsforscher erwarten im Jahr 2025 nur noch rund 200.000 neue Wohnungen, davon 175.000 in neuen Wohngebäuden. „Wohnungsbauprojekte sind aufgrund der deutlich gestiegenen Baukosten und der stark gestiegenen Zinsen enorm teuer geworden“, erklärte Ifo-Experte Ludwig Dorffmeister kürzlich. „Gleichzeitig kam es zu einer starken Kürzung der staatlichen Mittel.“

Wiesbaden – Preise für Wohnungen und Häuser sinken weiter: Mit einem durchschnittlichen Rückgang von 6,8 Prozent im ersten Quartal 2023 werden Wohnimmobilien vor allem in Großstädten zunehmend günstiger. Das geht aus Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Freitag hervor.

Sowohl in den Städten als auch auf dem Land sind die Preise für Wohnimmobilien zuletzt gesunken.Monika Skolimowska/dpa

Es war der stärkste Rückgang innerhalb eines Jahres seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000. Im Vergleich zum vierten Quartal 2022 waren Wohnimmobilien im Schnitt 3,1 Prozent günstiger.

Von Januar bis einschließlich April sanken die Auftragseingänge um kalender- und preisbereinigt um 16,9 Prozent (real) und nominal um 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Hoch- und Tiefbau werden erfasst. „Der Wohnungsbau bleibt das große Sorgenkind der Baubranche“, sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands der Deutschen Bauindustrie (ZDB). Er forderte „sofort spürbare“ Investitionsanreize für private und institutionelle Anleger. „Sonst verlieren wir dauerhaft Fachkräfte und das Wohnungsbauziel von 400.000 Einheiten (Wohneinheiten) pro Jahr bleibt auf Jahre hinaus unerreichbar.“

Der Branchenverband ZIA geht davon aus, dass im Jahr 2025 rund 700.000 Wohnungen fehlen werden. Das ungünstige Marktumfeld mit derzeit im Verhältnis zu den Ausgaben für Immobilien zu hohen Zinsen wird für Unternehmen immer stärker zur Belastung – und letztlich für die gesamte Gesellschaft, warnte der Branchenverband.

23.06.2023 | aktualisiert am 23.06.2023 – 21:10 Uhr

Den Angaben zufolge sanken die Preise zu Jahresbeginn sowohl in Städten als auch in ländlichen Gebieten. In den Städten gingen sie stärker zurück. Die größten Rückgänge im Vergleich zum Vorjahresquartal gab es in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf. Hier wurden Ein- und Zweifamilienhäuser um 10,4 Prozent günstiger, für Wohnungen musste 6,4 Prozent weniger gezahlt werden als im ersten Quartal 2022.