Bundestag beschließt Reform: Einwanderungsgesetz soll Fachkräftemangel beheben

Neu im Gesetzentwurf ist unter anderem die sogenannte Opportunity-Card nach einem Punktesystem. Zu den Kriterien, für die es Punkte gibt, gehören unter anderem Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Bezug zu Deutschland. Zukünftig sollen IT-Fachkräfte auch ohne Hochschulabschluss kommen können, sofern sie bestimmte Qualifikationen nachweisen können. Erleichterungen soll es auch für Asylbewerber geben, die vor dem 29. März 2023 eingereist sind, einer Arbeit nachgehen oder Aussicht auf einen qualifizierten Arbeitsplatz haben.

Deutschland werde mit der Verabschiedung des Gesetzesentwurfs „das modernste Einwanderungsgesetz der Welt“ bekommen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Der nächste Schritt müsse nun darin bestehen, „die Bürokratie deutlich abzubauen“, um qualifizierten Arbeitskräften den Weg nach Deutschland zu erleichtern.

Die Reform sei ein „Schummelpaket“, kritisierte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz. Anstatt den Weg für Fachkräfte zu ebnen, werden die Anforderungen der Wanderarbeitnehmer an Ausbildung und Sprache gesenkt. Mit ihrem neuen Punktesystem schaffe die Ampel-Koalition ein „Bürokratiemonster“, sagte der CSU-Politiker. Sie kritisierte auch Erleichterungen, von denen diejenigen profitieren sollten, die mit Qualifikationen und einem Jobangebot ausreisepflichtig sind.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, sagte, Deutschland orientiere seine Reform an erfolgreichen Einwanderungsländern wie Kanada, Neuseeland und Australien. „Mit neuen Köpfen kommen neue Ideen“, fügte er hinzu. Sein Parteikollege Konstantin Kuhle wies darauf hin, dass die Ampel durch eine Änderung der Beschäftigungsverordnung auch die Quote für die Westbalkan-Regelung von 25.000 auf 50.000 Arbeitnehmer pro Jahr verdoppeln würde. Die Regelung erlaubt auch Arbeitnehmern ohne besondere Qualifikation die Einreise, wenn sie einen Arbeitsvertrag vorweisen können. Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, sagte: „Gerade die Baubranche kann von diesen zusätzlichen Arbeitskräften profitieren.“

Die Ampelgruppen unterstützten das Gesetz in zweiter Lesung. Abgeordnete von Union und AfD stimmten einstimmig dagegen. Die gesamte linke Fraktion enthielt sich der Stimme. Bei der Schlussabstimmung stimmten 388 Abgeordnete mit Ja. 242 Parlamentarier lehnten den Entwurf ab. 31 Abgeordnete enthielten sich.

Die Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbands Pflege, Isabell Halletz, sieht durch die Reform kaum Verbesserungen für zuwanderungswillige Pflegefachkräfte, die dringend benötigt werden. Sowohl die Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer aus dem Ausland brauchten keine weiteren staatlichen Rekrutierungsprogramme, sondern standardisierte Prozesse und verbindliche Fristen. Sie betonte: „Es nützt nichts, wenn beschleunigte Verfahren auf dem Papier existieren, sich aber in der Praxis nicht umsetzen lassen.“

Mit den Stimmen der Ampelgruppen ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschiedet – die Debatte geht weiter. Erleichtert das Gesetz tatsächlich die Einwanderung?

Mit den Stimmen der Ampelfraktionen wird das Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschiedet – davor ist noch einiges los im Bundestag.Westend61/imago

Deutschland sei kein Einwanderungsland, sondern ein „Heimatland“, sagte Norbert Kleinwaechter von der AfD. Es kommen nicht zu wenige Menschen nach Deutschland, sondern zu viele Menschen, die sich nicht integrieren wollen.

Lindholz sei ideologisch stur, sagte Grünen-Vizepräsident Konstantin von Notz. Die Möglichkeit eines „Spurwechsels“ für Ausreisepflichtige diene auch der „Befreiung aus der staatlichen Abhängigkeit“.

Gökay Akbulut (links) sagte, es sei gut, dass Fachkräfte ihre Eltern und Schwiegereltern künftig auch ohne Wohnnachweis zu sich bringen könnten. Dass berufstätige Migranten ohne besondere Qualifikation, etwa Reinigungskräfte, dies nicht tun dürften, sei „eine zweistufige Migrationspolitik“, die ihre Fraktion ablehnt.

Neben Faeser und Gewerkschaftsmitgliedern verwiesen auch Arbeitgeber und die Bundesagentur für Arbeit (BA) auf zu hohe bürokratische Hürden. Aus Sicht von BA-Vorstandsmitglied Vanessa Ahuja geht die Reform in die richtige Richtung. Sie warnte jedoch: „Schnellere und unbürokratische Verfahren können nur durch einen gemeinsamen digitalen Austausch der beteiligten Partner wie Ausländerbehörden, Visastellen und der BA gelingen.“

Kann das neue Arbeitseinwanderungsgesetz tatsächlich den Personalmangel in Deutschlands Unternehmen lindern? Der Bundestag hat eine Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes und eine Erweiterung der sogenannten Westbalkan-Regelung beschlossen. In der abschließenden Debatte am Freitag im Bundestag prallten sehr unterschiedliche Haltungen zum Thema Migration aufeinander. Die Ampelgruppen betonten die Vorteile einer erleichterten Einwanderung für die Wirtschaft. Die Union kritisierte die aus ihrer Sicht zu niedrigen Anforderungen an arbeitswillige Ausländer aus Nicht-EU-Staaten.