Wütende Proteste, Hunderte Festnahmen vor der Beerdigung des 17-Jährigen

Bei Unruhen in der französischen Stadt Nantes brennt ein Lastwagen.Sebastien Salom/AFP

Auch in der belgischen Hauptstadt Brüssel versammelten sich am Freitagnachmittag wieder junge Menschen als Reaktion auf den Tod des 17-Jährigen. Nach Angaben einer Polizeisprecherin versammelten sie sich nach einem Aufruf in sozialen Netzwerken an verschiedenen Orten. Mittlerweile seien rund 50 Personen präventiv festgenommen worden, hieß es. Bereits am Donnerstagabend kam es in der belgischen Hauptstadt zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Polizeibeamten.

Wut und Trauer trieben am Donnerstag Hunderte Menschen auf die Straße, um in Nanterre zu marschieren. Auf dem Lastwagen sitzt die Mutter des getöteten 17-Jährigen. Michel Euler/AP

Brennende Autos liegen nach einem Trauermarsch in Nanterre am Donnerstag auf einer Straße.Michel Euler/AP

Auch eine massive Polizeipräsenz und behördlich angeordnete Einschränkungen des öffentlichen Lebens konnten die erneuten Ausschreitungen in ganz Frankreich in der Nacht zum Samstag nicht verhindern. Darmanin kündigte am Freitagabend an, dass 45.000 Polizisten nachts für Ordnung sorgen sollen. Dazu gehören Spezialeinheiten. In Großstädten wie Lyon, Marseille und Straßburg wurden Demonstrationen und Veranstaltungen verboten, wie der Sender franceinfo berichtete.

Nach dem Tod eines 17-Jährigen durch eine Polizeikugel ist es in Frankreich die vierte Nacht in Folge zu Unruhen gekommen.

Bei Unruhen im Pariser Vorort Nanterre steht die Polizei vor explodierenden Feuerwerkskörpern.Aurelien Morissard/AP

Mehr als 900 Menschen wurden am Freitagabend festgenommen. 40.000 Polizisten waren im Einsatz. Nach Angaben des Innenministeriums wurden rund 250 Polizisten verletzt.

Im Zusammenhang mit den Unruhen in Frankreich kam es auch in einigen französischen Überseegebieten zu Unruhen. In Cayenne, der Hauptstadt des südamerikanischen Französisch-Guayana, sei in der Nacht ein Mann durch einen Querschläger getötet worden, teilten örtliche Behörden mit. Medienberichten zufolge handelte es sich bei dem Mann um einen Mitarbeiter der örtlichen Verwaltung. Nach offiziellen Angaben verbot Präfekt Thierry Queffelec daraufhin das Tragen von Waffen für die folgenden beiden Nächte am Freitag und den Transport brennbarer Stoffe bis Montag.

Im Pariser Vorort Nanterre erschoss ein Polizist bei einer Verkehrskontrolle einen 17-jährigen Autofahrer und löste in der Nacht zum Mittwoch schwere Ausschreitungen aus.Zakaria Abdelkafi/AFP

Demonstranten in StraßburgRoses Nicolas/imago

Nanterre: Feuerwerkskörper explodieren bei Protesten.Aurelien Morissard/AP

Auch in der vierten Nacht nach dem Tod eines 17-Jährigen durch Polizeigewalt kam es in ganz Frankreich zu schweren Ausschreitungen. Bis zum frühen Morgen seien landesweit mindestens 471 Menschen festgenommen worden, teilte Innenminister Gérald Darmanin auf Twitter mit. Unterdessen weiteten sich die Unruhen nicht nur auf die belgische Hauptstadt Brüssel aus, sondern auch auf französische Überseegebiete in der Karibik, wo ein Mensch durch einen Querschläger starb. Der 17-Jährige, der am Dienstag bei einer Polizeikontrolle getötet wurde, soll heute in seiner Heimatstadt Nanterre beigesetzt werden.

Von Demonstranten in Argenteuil zerstörte Fahrzeuge und Geldautomaten.Villette Pierrick/ABACAPRESS

Nanterre: Ein Bereitschaftspolizist ist als Silhouette zu sehen. Aurelien Morissard/AP

Dennoch kam es zu Plünderungen, Sachbeschädigungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen. Besonders heftige Auseinandersetzungen kam es Medienberichten zufolge in Marseille und Lyon. In Marseille wurde unter anderem ein Supermarkt nach einem Brandanschlag geplündert. Darmanin sagte, die Gewalt sei insgesamt „viel weniger intensiv“ gewesen. Er sagte: „Die Republik wird gewinnen, nicht die Randalierer.“ Er glaubte nicht, dass der Ausnahmezustand verhängt werden sollte.

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Jugendliche fliehen vor Zusammenstößen mit der Polizei. Drei Tage nachdem ein Polizist bei einer Verkehrskontrolle in der Nähe von Paris einen Jugendlichen tödlich erschossen hat, ist es in Frankreich erneut zu Unruhen gekommen. Jean-Francois Badias/AP

Ein Demonstrant hält ein Plakat hoch, nachdem die französische Polizei auf dem Place des Terreaux in Lyon einen jugendlichen Fahrer erschossen hat. Jeff Pachoud/AFP

Nanterre: Ein Mann geht während der Unruhen über eine Straße.Aurelien Morissard/AP

Auslöser der Ausschreitungen war der Tod eines 17-Jährigen bei einer Polizeikontrolle am Dienstag. Eine Motorradpatrouille in Nanterre bei Paris hat am Morgen die 17-jährige Nahel am Steuer eines Autos angehalten. Als der junge Mann plötzlich losfuhr, wurde aus der Dienstwaffe des Polizisten ein tödlicher Schuss abgefeuert. Der Vorfall sorgte im ganzen Land für Bestürzung, seitdem wird Frankreich von heftigen Unruhen erschüttert. Der für Nahels Tod verantwortliche Polizist wurde in Gewahrsam genommen. Gegen ihn wurde ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet.

Roubaix: Feuerwerkskörper explodieren bei Protesten in der Nähe von Polizisten. Kenzo Tribouillard/AFP

Einem Bericht des Regionalportals France-Antilles zufolge kam es in der Nacht zum Freitag auch im karibischen Überseegebiet Martinique zu Gewalt. Etwa 20 bis 30 vermummte Menschen bewarfen Polizisten in der Hauptstadt Fort-de-France mit Steinen. An mehreren Stellen wurden Mülltonnen in Brand gesteckt.

Die Regierung reagierte auf die Ausschreitungen unter anderem mit Einschränkungen des öffentlichen Lebens. So verkehren Straßenbahnen und Busse bis auf Weiteres nachts nicht mehr, Großveranstaltungen wurden abgesagt und der Verkauf und das Mitführen von Feuerwerkskörpern und brennbaren Stoffen verboten. Da viele der Randalierer nach Angaben der Regierung sehr jung seien, appellierte Präsident Emmanuel Macron an die Verantwortung der Eltern und machte die sozialen Medien für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.

Demonstranten in MarseilleChristophe Simon/AFP

Schaden an einer Grundschule in Straßburg nach Unruhen, nachdem die Polizei einen 17-Jährigen erschossen hatte.Elyxandro Cegarra/Panorama

Demonstranten werden auf dem Place des Terreaux in Lyon von Tränengas umzingelt Feff Pachoud/AFP

Der französische Fußballstar Kylian Mbappé zeigte sich besorgt über den Tod des 17-Jährigen und warnte vor Gewalt. „Seit diesem tragischen Ereignis sind wir Zeuge des Ausdrucks der Wut der Bevölkerung, deren Inhalt wir verstehen, deren Form wir jedoch nicht gutheißen können“, heißt es in der Erklärung, die er vermutlich gemeinsam mit anderen internationalen Akteuren veröffentlichte. Viele Spieler kommen selbst aus den Arbeitervierteln und können den Schmerz und die Trauer verstehen. Aber Gewalt löst keine Probleme. „Die Zeit der Gewalt muss enden und Platz machen für die Zeit der Trauer, des Dialogs und des Wiederaufbaus“, sagte Mbappé.